Das Einstellungsverhalten von Personalverantwortlichen gegenüber Älteren

Ein wesentliches Ziel der gegenwärtigen Arbeitsmarktpolitik besteht darin, die im internationalen Vergleich deutlich geringere Beschäftigungsquote Älterer in Deutschland zu erhöhen. Die Erreichung dieses Ziels entsprechend den Vorgaben der beschäftigungspolitischen Leitlinien der Europäischen Union hängt im Wesentlichen von zwei Komponenten ab: von der Dauer des Verbleibs älterer Arbeitnehmer im Erwerbsleben sowie dem Ausmaß, in dem ältere Bewerber bei Stellenbesetzungen berücksichtigt werden. Gegenwärtig beschäftigen nur 60 % der Betriebe in Nordrhein-Westfalen noch Mitarbeiter, die 50 Jahre oder älter sind. Die Beschäftigungsquote der 55- bis 64-Jährigen beträgt in Nordrhein-Westfalen lediglich 39,8 %. Weniger als 10 % aller Stellenbesetzungen entfallen auf ältere Bewerber/-innen. Der Anteil dieser Altersgruppe an den Beschäftigten ist demgegenüber mehr als doppelt so hoch. Gemessen an ihrem Beschäftigtenanteil werden Ältere somit bei der Besetzung von Stellen eindeutig benachteiligt. Weniger eindeutig ist, warum ältere Bewerber/-innen in so geringem Maße bei Stellenbesetzungen berücksichtigt werden. Zur Beantwortung dieser Frage wurde im Auftrag der Landesberatungsgesellschaft G.I.B. eine Studie zum Einstellungsverhalten von Personalverantwortlichen gegenüber Älteren durchgeführt.

Im Ergebnis dieser Untersuchung wurde eine Reihe von Faktoren herausgestellt, die die Einstellungschancen Älterer derzeit verringern. Diese Faktoren berühren unterschiedliche Ebenen, angefangen von rechtlich-institutionellen Regelungen über sachlich begründete Vorbehalte, die aus der Diskrepanz von tätigkeitsspezifischen Leistungsanforderungen einerseits und dem Leistungsvermögen älterer Bewerber/-innen herrühren, bis hin zur Ebene schlichter Vorurteile, die in der Regel auf Informationsdefiziten beruhen. Die sich daraus ergebenden Herausforderungen im Hinblick auf die Verbesserung der Einstellungschancen älterer Bewerber/-innen sind vielfältig und komplex, und setzt nicht nur eine intensivere Auseinandersetzung mit Fragen der Beteiligung älterer Arbeitnehmer an beruflicher Weiterbildung sowie der Gestaltung alternsgerechter Arbeitsplätze voraus, sondern in hohem Maße auch mit den Effekten bestehender gesetzlicher Rahmenbedingungen. Der eingeleitete Paradigmenwechsel pro Ältere bleibt durch die derzeit bestehende Widersprüchlichkeit der politischen Signale noch unvollständig. Einerseits wird die Eingliederung Älterer gefördert, andererseits werden massive finanzielle Anreize für die Ausgliederung Älterer gesetzt. Das Einstellungsverhalten der Personalverantwortlichen lässt sich nur dann nachhaltig verändern, wenn diese Inkonsistenz beseitigt wird. Positive Signale müssen verstärkt, negative Signale verringert werden. Die Verbesserung der Einstellungschancen älterer Bewerber/-innen setzt letztlich nicht nur eine konsistentere Politik, sondern auch eine entsprechende Arbeitskräftenachfrage voraus.

Die Ergebnisse der Studie wurden auf der Fachtagung „Neue Chancen für ältere Arbeitslose“ am 9. November 2006 in Essen präsentiert.

Projektbearbeitung

Dipl. Soz.-wiss. Marek Frei

Veröffentlichungen

Marek Frei: Das Einstellungsverhalten von Personalverantwortlichen: (Keine) Chancen für Bewerber ab 50? in: G.I.B.-Info 4/2006, S. 34-37. Bottrop, Dezember 2006.

Marek Frei: Das Einstellungsverhalten von Personalverantwortlichen: (Keine) Chancen für Bewerber ab 50? Berlin, Oktober 2006 (Bericht an den Auftraggeber; Veröffentlichung geplant).